Buchbeschreibung
Christoph Janacs
Kains Mal
Gedichte & Marginalien
Im Untertitel zu seinem vorliegenden Band betreibt der Dichter Understatement mit der Klassifizierung „Marginalien“ - denn seine Befassung mit Spiritualität und Transzendenz ist alles andere als „marginal“. Ganz im Gegenteil. Im Angesicht einer Welt, die in ihrem aktuellen Zustand taumelt und stolpert, weil sie sich vordergründig – wieder einmal - an der Frage nach dem „wahren Gott“ blutig macht, gewinnen diese Gedichte eine beängstigende Brisanz.
Der Gottesbeweis, die Suche nach einem höheren Prinzip – sei es nun „ordnend“ - wie immer die Interpretation dazu auch lauten mag – treibt die Menschheit um, seit sie existiert. Von der Höhlenmalerei bis zur Gegenwart stellt sich neben dem Versuch zum Bannen auch das Verbot ein, dem Gebot ist die Sünde beigegeben – und der Zweifel ist in der Lesart der Fundamentalisten jeder Couleur die größte Verfehlung.
Im Namen des einzig wahren Gottes (was ist eigentlich mit den Scharen der Göttinnen?) hat der Mensch gelernt, zu töten und es im Bedarfsfall „friendly fire“ und „Kollateralschaden“ zu nennen – der Dichter sagt: „wir würgen am Gottesgerücht“.
Aber vielleicht ist es so, dass allein im „Alphabet der Sterne“ Glaube, Liebe und Hoffnung festgeschrieben sind und der große Masterplan sich nicht in den Interpretationen der sogenannten Heiligen Bücher, nicht in der steinernen Herrschaftsarchitektur der sogenannten Gotteshäuser finden lässt, sondern in der Feder eines Zaunkönigs?
Das wir auch gelernt haben „einen Wintervorrat an Hoffnung“ anzulegen, der allerdings niemals ausreicht, auch daran erinnert der Lyriker – und das die Hoffnung zuletzt stirbt, ist eine derart ausgelutschte Phrase geworden, dass sie nur noch als zynischer Marker dafür dient, wenn man weiß: alles verloren.
Kains Mal – das sind Gedichte, die dort zugreifen, wo man vielleicht nicht häufig hinsehen mag, weil dieser Ort, wo sie angesiedelt sind, zwingend die Sinnfrage aufwirft, die man eventuell mit lächelnder Arroganz im Schulunterricht gelassen zu haben meint, als es noch einen Hauch an humanistischer Bildung gab.
Aber das Woher, Wohin und Wozu kann der reflektierende Mensch ja doch nicht gänzlich wegblenden, wenn der es einmal gedacht hat – spätestens bei den schmerzhaften Zäsuren im Leben, die sich u.a. aus dem ultimativen Weggang eines anderen ergeben.
Wer bei all diesen Fragen auch noch nachfolgende stellen kann, darf sich als wahrer Philosoph bezeichnen:
„Ist ein Paradies, in dem man sündigen kann, noch ein Paradies?“
Autorenbeschreibung
Christoph Janacs, geb. 1955 in Linz/OÖ., lebt in Niederalm/Salzburg; Studium der Germanistik und Theologie in Innsbruck und Salzburg; Schriftsteller, Lehrer, Übersetzer und Kulturvermittler; veröffentlichte bisher zwei Romane, fünf Erzählbände, 16 Gedichtbände sowie Aphorismen-, Kurzprosa- und Essaysammlungen; zuletzt erschienen Eulen (2010), die Stille von Lourmarin (2011), Der Duft der Dichtung (2012), mein Schatten, den ich nicht werfe (2013), Hokusais Pinsel (2014), Off Season (2015).
Rezensionen
Rezension
->Link- Quelle: Christian Grill, April 2016
Rezension
->Link- Quelle: Helmuth Schönauer in Podium, April 2016